Es sieht aus wie Zauberei: Gerade stand noch ein kräftiger Kerl vor der kleinen Frau und holte zum Schlag aus. Auf einmal liegt dieser auf dem Boden und fragt sich was passiert ist. Kein Block, kein Gegenschlag. Nichts Greifbares hat ihn geworfen und doch hat sie ihn besiegt. Technik siegt über Kraft. Dies ist eine der Besonderheiten des Aikido.
Darüber hinaus ermöglicht Ihnen Aikido sich selbst kennen zu lernen und Ihrem Instinkt zu vertrauen. Sie wollen mehr über den Kampfsport wissen, der sich ausschließlich der Selbstverteidigung verschrieben hat? Hier erfahren Sie warum Aikido so besonders ist und vieles mehr.
Für wen ist Aikido geeignet?
Alle gesunden und normal beweglichen Menschen können Aikido erlernen. Es kann von der frühen Jugend bis ins hohe Alter trainiert werden. In Zahlen heißt das: Von sieben bis 70 Jahren können Sie sich auf der Matte auspowern.
Sie müssen keine besonderen körperlichen Voraussetzungen erfüllen. Eine gewisse geistige Ausdauer ist allerdings hilfreich, da die Bewegungen kompliziert und daher schwer zu erlernen sind. Vorkenntnisse benötigen Sie keine.
Aikido eignet sich für Frauen und Männer im gleichen Maße. Es wird meistens in gemischten Gruppen trainiert, da es bei dieser Kampfkunst darum geht, möglichst wenig physische Kraft einzusetzen. Aikido wird ebenso Menschen mit Behinderungen angeboten.
Was zeichnet Aikido aus?
Aikido ist der Weg zur Harmonie zwischen Mensch und Universum. Es gibt keine offensiven Angriffstechniken, sondern nur Abwehr- und Sicherheitstechniken. Diese stellen effektive Selbstverteidigungstechniken dar. Hier einige grundlegende Fakten zu Aikido:
- Das Ziel beim Aikido besteht darin, die Kraft eines gegnerischen Angriffs abzuleiten und zu nutzen, um den Gegner kampfunfähig zu machen, ohne ihn dabei schwer zu verletzen.
- Die Kraft wird durch große kreisförmige Bewegungen aufgenommen und der Angreifer fällt in die Leere.
- Es ist eine friedfertige Kampfkunst. Der Gegner soll nicht verletzt werden, sondern in eine Situation geführt werden, in der er sich beruhigen kann. Der Gegner soll einsehen, dass ein weiterer Angriff sinnlos ist. Wenn dies nicht der Fall ist, verfügt der Aikidoka (so werden Aikido-Praktizierende bezeichnet) über Techniken, um weitere Angriffe zu verhindern.
- Aikido stellt die moderne Fortentwicklung der traditionellen japanischen Kampfkünste dar. Eine defensive und verantwortungsbetonte geistige Haltung ist relevant, um diese Kampfkunst auszuüben. Die Techniken können gegen bewaffnete und unbewaffnete Gegner angewandt werden. Gleichwohl sollte immer die Möglichkeit der Flucht ergriffen werden, sobald diese besteht.
- Aikido enthält neben waffenlosen Techniken auch den Kampf mit dem Langstock.
- Es gibt keine Wettkämpfe und daher auch kein Konkurrenzdenken. Aus diesem Grund herrscht eine angenehme und friedvolle Trainingsatmosphäre. Vor allem das subjektive Lernen und Üben ist wichtig. Der geschulte und disziplinierte Wille stellt die lenkende Kraft dar. Die Fähigkeit, Gedanken und Handlungen in Harmonie zu koordinieren, hat eine besondere Relevanz und soll erworben werden.
- Beim Aikido werden Körperhaltungen und Einstellungen trainiert, die den Weg zu einer Geisteshaltung, die frei von Aggressionen und Angst ist, erleichtern und fördern sollen. Ein Fortschritt im Aikido führt zu einem Fortschritt im alltäglichen Leben. Ihnen wird ein Weg zur Selbstfindung und Bewusstseinserweiterung geboten. Die geistige Kraft zu entdecken ist das eigentliche Ziel dieser Kampfkunst. Die körperliche Entwicklung ist unbedeutend, wenn der Geist nicht trainiert wird.
Aikido ist durch die Geisteshaltung des Zen geprägt. Wichtig sind die Lockerheit des Körpers, das Fließen der Atemkraft und die Gelassenheit des Geistes. Atem und Bewegungen müssen übereinstimmen, um die Bewegungen korrekt umsetzen zu können. Als Anfänger werden Sie mit behutsamer Gymnastik auf die Grundformen der Technik vorbereitet.
Aikido ist keine schnell erlernbare Kampfsportart. Die Techniken werden erst durch langes und intensives Üben erlernt. Doch das lohnt sich, denn regelmäßiges Aikido macht den Trainierenden fit, effizient und jung. Außerdem stärkt es das Selbstbewusstsein und macht Körper und Geist flexibler.
Welche verschiedenen Stile gibt es?
Ueshiba ist der Gründer des Aikidos. Während seiner Laufbahn als Trainer hatte er viele Schüler, die ihn zu unterschiedlichen Zeitpunkten und damit Entwicklungsphasen verließen. Innerhalb seiner Lebenszeit veränderte er das Aikido einige Male. In seinen jungen Jahren gab es noch Wettkämpfe, die erst später verbannt wurden.
Die verschiedenen Interpretationen stellen unter anderem den Grund für die verschiedenen Stile im Aikido dar. Es gibt sowohl Stilrichtungen, die einem einzigen Lehrer folgen, als auch Richtungen mit einem Verbund von Lehrern.
Aiki-Osaka
Der Name dieses Stils leitet sich davon ab, dass der Erfinder in der Gegend von Osaka unterrichtete. Er zeichnet sich durch die gleiche Gewichtung von waffenlosen Techniken und Techniken mit Waffen aus. Die Techniken werden schnell und wirkungsvoll durchgeführt. Die Idee der starren Schwerthand wird vom Meguri abgelöst.
Meguri steht für kleine Drehungen in den Armgelenkketten. Diese Rotation ermöglicht sparsame Bewegungen im eigenen Körperzentrum. Es werden häufiger Schläge zur Verteidigung eingesetzt. Das soll den Angreifer zu einer Reaktion bewegen. Die Schläge dienen dazu, den Gegner zu kontrollieren und auf Distanz zu halten.
Aikikai
Hierbei handelt es sich eher um einen Verband als um eine Stilrichtung. Es findet kein Wettkampf statt und es besteht kein straffes Lehrer-Schüler-Unterrichtssystem. Eine weltweite Zusammenarbeit ist organisiert. Innerhalb des Aikikai sind die Interpretationen der Kampfkunst unterschiedlich und so individuell wie die Menschen, die sie trainieren.
Es gibt eine große Bandbreite von Techniken. Diese geht von den großen, weichen und tänzerischen bis zu den kurzen und effektiven Techniken.
Takemusu-Aikido
Es besteht ein Gleichgewicht von waffenlosen Techniken und Techniken mit Waffen. Die Techniken sind kurz und effektiv. Unnötige Bewegungen werden vermieden. Der Fokus wird auf die Grundtechniken gelegt. Das Ziel liegt darin, entsprechend der Gefahrensituation unvoreingenommen die Maßnahmen zu entwickeln, die am effizientesten sind.
Shinshin Toitsu Aikido
Hier liegt der Fokus auf der expliziten Vermittlung der dem Aikido zugrunde liegenden Techniken. Die geistige Kraft Ki wird sehr stark betont. Ki-Tests sind typisch für diesen Stil. Dabei ist es möglich, den Zustand des nicht erfassbaren Geistes anhand des Körpers zu überprüfen. Dabei lenkt der Geist den Körper. Die Techniken sind insbesondere von sehr runden und weichen Bewegungen gekennzeichnet.
Tendo-Ryu
Die Selbstverteidigung ist hierbei ein integraler Bestandteil und nicht das vorrangige Ziel. Der Aikidoka bewegt sich klar und schnörkellos. Die Natürlichkeit und der harmonische Bewegungsfluss stehen im Vordergrund. Bei einigen Techniken wird die Nähe zum Judo deutlich.
Yoshinkan Aikido
Dies ist einer der ältesten Stile. Die auffälligsten Unterschiede liegen in der Grundhaltung und in dem strengen und klar strukturierten Lehrsystem. Bei der normalen Grundhaltung befindet sich die Hüftachse senkrecht zu einer gedachten Linie, diese Achse wird bei diesem Stil durch beide Füße gedreht.
Die Betonung liegt mehr auf den konkreten Formen als auf einem harmonischen Bewegungsfluss. In Japan wird dieser Stil als Selbstverteidigungskunst für Polizeikräfte gelehrt.
Shodokan-Aikido
Der bedeutendste Unterschied liegt darin, dass es bei diesem Stil Wettkämpfe gibt. Diese laufen ähnlich ab wie im Judo, sind allerdings im Sinne von freiem Training. Nach dem Begründer lassen sich Wettkämpfe durchaus mit der Philosophie von Aikido vereinen. Der Stil vereint Wurf- und Haltetechniken aus dem Judo mit Schlag- und Haltetechniken vom Aikido.
Yoseikan-Aikido
Dieser gehört zu den ältesten Stilen und beinhaltet Techniken des Aikidos, Aikijujutsus, Jujutsus, Judos und Karates. Der praktische Aspekt der Kampfkunst steht im Mittelpunkt, daher wird weniger Wert auf die esoterischen und spirituellen Aspekte gelegt.
Wie sehen die Techniken im Aikido aus?
Die Techniken sind von Elementen des Jujitsus und des Schwertkampfs geprägt. Sie zeichnen sich durch besondere Dynamik und Effektivität aus. Die Abwehrtechniken werden kreis- oder spiralförmig ausgeübt. Sie sollen den frontalen oder seitlichen Angriff umlenken und dann weiter zu den Wurftechniken führen. Zur Kontrolle des Gegners dienen Hebel- und Gelenkgriffe.
Die Urformen der Techniken können tödlich sein. Sie wurden so weiterentwickelt, dass die Vernichtung des Gegners vermieden wird. Bei den Techniken wird zwischen Grundtechniken sowie Varianten und Verkettungen unterschieden. Es gibt waffenlose Techniken und welche mit Waffen. Die ganze Vielfalt basiert auf wenigen Grundtechniken und zwar auf fünf Halte- und acht Wurftechniken. Diese sind kombinierbar und ineinander überführbar.
Dabei machen sich die Aikidoka physikalische Prinzipien, wie Achsen und Hebel, zu Nutze. Die Bewegungsmuster sind von Schwerttechniken mit dem japanischen Katana abgeleitet. Die Körperkraft wird immer mehr durch Beweglichkeit, Genauigkeit und Konzentration ersetzt. Bei der Umsetzung der Techniken zum Lenken der Angriffsbewegungen hat die taktile Wahrnehmung einen hohen Stellenwert.
Die Muskelkraft steht nicht im Vordergrund, sondern die Wahrnehmung der Bewegungsrichtung des Angriffs. Die Techniken wirken auf den ersten Blick meistens leicht und tänzerisch, doch Aikido ist eine der schwer erlernbaren Kampfkünste. Es ist mehrere Jahre regelmäßiges Training erforderlich, bis sich der Schüler wirksam verteidigen kann. Das regelmäßige Üben ist notwendig, um die fließenden Bewegungen ausführen zu können.
Aikido für Kinder
Aikido ist gut für Kinder geeignet und bietet viele Vorteile für ihre Entwicklung. Es schult das Körperempfinden und nimmt die Scheu vor Körperkontakt mit Gleichaltrigen. Es kommt nicht auf den Sieg an, sondern darauf, die Übungen so durchzuführen, dass beide Partner etwas lernen.
Es ist nicht wichtig, besser zu sein als der andere, es geht vielmehr darum, sich selbst kennen zu lernen. Im Vordergrund steht die Fähigkeit, sich auf den Partner einzustellen und Rücksicht zu nehmen, um dem anderen keine Schmerzen zu bereiten. Durch den Rollentausch zwischen Angreifer und Verteidiger lernen die Kinder ihr Verhalten besser einzuschätzen. Die gewonnene Selbstsicherheit hilft Konfrontationen zu vermeiden. Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten werden gefördert und führen zu einer besseren Selbsteinschätzung.
Aikido fördert die Entwicklung der Ich-Stärke und ermöglicht den Kindern einen angemessenen Umgang mit Gewalt, Konflikten und den eigenen Emotionen. Körper und Geist werden gelockert, gedehnt und erwärmt. Die Kinder üben Beweglichkeit, Intuition, Timing und Standsicherheit.
Aikido wird mit konkreten pädagogischen Inhalten verbunden. Mit spezifischen Übungen und Techniken werden überprüfbare Effekte in der erzieherischen Arbeit erreicht. Wegen der komplizierten Bewegungsformen ist es jedoch weniger geeignet, um den Kindern effektive Selbstverteidigungstechniken beizubringen.
Der Unterricht besteht aus verschiedenen Elementen:
- Alle Kinder verbeugen sich, um den gegenseitigen Respekt zu demonstrieren
- Die Kinder laufen und toben auf der Matte, um sich aufzuwärmen
- Gymnastik und Dehnübungen
- Grundlagen der Fallschule
- Basis-Techniken, auf die später aufgebaut wird
- Bewegungsspiele
- Abschließendes Verbeugen
Kleidung und Ausrüstung
Die Kleidung besteht aus drei Teilen:
- Keiko-Gi, der Trainingsanzug: Der Anzug ist ein weißer Judo-Anzug mittlerer Stärke und besteht aus Hose und Jacke. Er wird aus Baumwolle hergestellt. Jacken mit kürzeren Ärmellängen werden bevorzugt, damit die Handgelenke besser zugänglich sind. Die Jacken werden aus einem Stück gefertigt und sind deswegen besonders reißfest. Außerdem sind sie in der Regel offen geschnitten. Nach dem Anziehen werden die Revers mit einem Gürtel oder angenähten Schnüren zusammengebunden. Dabei wird das linke Revers über das rechte geschlagen.
- Obi, der Gürtel: Dieser ist fünf Zentimeter breit und über zwei Meter lang. Er wird nicht gewaschen, da sich durch das Üben die Erfahrung im Gurt sammelt.
- Hakama, das Beinkleid: Es gibt zwei unterschiedliche Varianten. Einmal mit geteilten Beinen wie ein Hosenrock oder ohne Teilung wie ein Rock. Der Hakama schützt die Beine und verdeckt im Schwertkampf die genaue Fußstellung. Aus dieser ist es möglich, den kommenden Angriff abzulesen. Die sieben Falten des Rockes symbolisieren die sieben Tugenden des Budos. Das Budo steht für die Philosophie und die Grundprinzipien im Kampfsport. Der Hakama soll dem Aikidoka ein besseres Gefühl für seine Beinbewegungen geben, seine Zentriertheit und fließende Bewegungen erleichtern. Mittlerweile ist es üblich den Hakama erst ab dem ersten Dan oder einem höheren Kyu Grad zu tragen. In der Anfangszeit ist es für den Lehrer einfacher, falsche Beinstellungen und Schrittfolgen zu sehen und zu verbessern. Während früher die Farbe unerheblich war, sind die meisten Hakamas heute dunkelblau oder schwarz.
Das Training findet größtenteils ohne Übungswaffen statt. Es gibt drei Waffen, die eine wichtige Rolle spielen. Dabei handelt es sich um hölzerne Trainingswaffen, die verwendet werden, weil viele Techniken von Schwert- und Stocktechniken abgeleitet sind. Durch das Training mit den Schwertern und Stöcken können waffenlose Bewegungsabläufe besser verstanden und verinnerlicht werden.
Wie viel kostet Aikido?
Bevor Sie mit Aikido beginnen, sollten Sie erst einmal an einem kostenlosen Probetraining teilnehmen. Viele Interessenten beginnen mit Aikido in einem Sportverein, da das günstiger ist. Nachdem sie die Grundfähigkeiten erworben haben, wechseln sie zu einem Privatlehrer, auch Dojo genannt. Die Kosten können daher stark variieren.
Für einen Sportverein bezahlen Sie um die 15 Euro, für ein Privat-Dojo können es auch 60 Euro im Monat sein. Dafür bieten private Dojos meistens mehr Trainingszeiten an. Außerdem bieten viele Hochschulen im Universitätssport Aikido zu sehr günstigen Konditionen an. Dort können Sie ebenfalls als Außenstehender teilnehmen.